Hier dürfen nur edle Metalle ran. Alles überaus fein. Der Star ist der Hochtöner, ein Blattgold-AMT, entwickelt von Audiovector. Ist das nur ein Au- genschmaus oder auch ein Le- ckerbissen für die Ohren?
– Von Andreas Günther
Und wieder einmal haben uns die Dänen überholt. Laut des World Happiness Reports 2022 ist Dänemark, direkt hinter Finnland, das zweitglücklichste Land der Erde. Was haben die vergleichsweise wenigen Dänen, was wir Deutsche nicht haben? Es ist Gelassenheit und die Abwesenheit von Stress. Genau mit diesem Lebensgefühl setzen sich die Chefs von Audiovector meiner Vorstellung nach in ihre kuscheligen Ledersofas. Da wäre links Mads Klifoth als CEO und Eigentümer, an seiner Seite rechts: Oli Klifoth – Vater und Gründer. Das ist typisch in der High-End-Welt. Die Väter haben in den 70er und 80er Jahren die Company begründet, nun ist die Nachfolgegeneration dran.
Audiovector residiert in Kopenhagen. Dänemarks Hauptstadt gilt, aktuellen Umfragen zufolge, als eine der lebenswertesten Städte der Welt. Auch wenn wir als Deutsche da nicht mithalten können: Auch wir haben tolle Lautsprecher-Hersteller. Trotzdem hat es den Anschein, dass Audiovector besonders agiert. Es mag die entspannte Haltung sein. Alles entsteht im Mutterland. Das Timing ist sanft; es herrscht kein Druck, dass neue Produkte in den Markt gepresst werden müssten.
So erreichen uns die Audiovector QR3. Das ist ein schmaler Standlautsprecher. Kein offensichtlicher Held im Katalog. Die gepflegte Mittelklasse, Butter und Brot, hier wird das Geld verdient. Aber perfekt inszeniert und auf die Zielgruppe zugeschnitten. Man spürt schnell das Lebensgefühl der glückli- chen Dänen.
WOHLFÜHLKONZEPT DER DÄNEN
Aber wieder zu unserem Testlautsprecher. Die QR3 fischt im Teich der erschwinglichen Standlautsprecher. 2350 Euro ruft der deutsche Vertrieb auf. Das ist gehoben, aber noch weit entfernt vom Griff ans Herz. Das Wohlfühlkonzept der Dänen bleibt auch beim Preis stabil. Zumal hier ein echter Blickfang in unser Wohnzimmer einzieht. „White Silk“ und „Black Piano“ wirken gut, aber unser Gemüt geht bei „Dark Walnut“ so richtig auf. Die Dänen beherrschen den feinen Show-Effekt. Drei Chassis leuchten uns an. In der Tiefe ein Doppel aus zwei Aluminium-Kesseln. Die aber nicht parallel laufen. Das Gesamtkonzept ist auf 2,5 Wege
ausgelegt. Hier wird in der Tiefe mit schönen Worten geklingelt. Audiovector nennt es „Pure Piston“, dahinter liegt ein Doppelmagnet, der jeden Impuls auf Präzision und Signaltreue fixieren soll. Die beiden iden- tischen Sechs-Zoll-Membranen werden laut Hersteller bei 400 Hertz getrennt. Bedeutet: Das untere Chassis darf nicht darüber liegen und bleibt im tiefen Basskeller. Das obere darf bis nominal 3000 Hertz weiterspielen. Darüber springt der Hochtöner ein, der nicht aus der üblichen, weltweiten Tweeter-Küche stammt. Das ist ein Air-Motion-Transformer, überaus edel. Im Kern ist das eine Ziehharmonika auf wenigen Millimetern. Das lässt sich nur in Handarbeit herstellen. Auch der Wirkungsgrad stimmt. Da kann ein kleiner Transistor-Amp oder besser noch ein Röhrenverstärker einen erstaunlichen Klang entstehen lassen.
Paul McCartney ist gerade 80 Jahre jung geworden, und er tritt noch immer auf, mit all seinen Klassikern. Wir legen das neue Mastering von „Let It Be“ auf. Toll, wie die Audiovector diesen Spagat vollführt – zwischen hartem Klavieranschlag und wohlig-samtiger Stimme. Genau dieser Lautsprecher erzählt uns die Geschichte über die feine Magie des Klangs. Kein Rabauke, aber der perfekte Vermittler von Edelmetall und Sensibilität. Ein ganz feiner Däne!
MESSLABOR
Im Messlabor präsentiert sich die QR3 als neutral abgestimmter Zweiein- halb-Wege-Lautsprecher. Ihr oberes Chassis arbeitet bis 2,5 kHz, das untere klinkt sich bei 150 Hz aus. Im Zusammenspiel ergibt sich ein gerader Fre- quenzgang mit geringen Welligkeiten (±1,6 dB zwischen 200 und 10 kHz) und kleinem Hochtonpeak auf Achse. Die Abstrahlung gelingt homogen; die 30-Grad-Messung zeigt abgesehen von einer kleinen Nase bei 3,5 kHz einen gleichmäßig sanft fallenden Frequenzgang. Bei einer Hörposition leicht oberhalb des Hochtöners (10-Grad, grün) wird der Bereich zwischen 2 und 4,5 kHz ca. 4 dB leiser als bei optimaler Sitzposition wiedergegeben. Mit 50 (-3 dB) respektive 38 Hz (-6 dB) unterer Grenzfrequenz erreicht die QR3 nicht ganz die Basstiefen wie im Prospekt angegeben (30 Hz ohne Pe- gelbezug). Dafür punktet sie mit 106 dBSPL lauten Bässen, für die ihr Verstär- ker rund 180 W an vier Ohm aufbieten muss. Leistungsbedarf für 100 dBSPL: 46 W / 4 Ohm. Wirkungsgrad: 83 dBSPL / 2V. AUDIO-Kennzahl 62